Presseschau | 09.04.2009
Wir sind von Natur aus anfällig für Vorurteile, Frauen können Männer besser riechen als andersrum, coole Sterne sind leblos und Gestaltung braucht keinen Gestalter. Außerdem: Die trendigen Hox-Gene und Parasiten, die menschliches Verhalten steuern. Willkommen bei der Presseschau.
Der christliche Religionswissenschaftler Michael Blume [3] und der atheistische Bioethiker und Philosoph Edgar Dahl [4] streiten sich heute um 17:05 auf SWR2 Radio über die Evolution der Religiosität. Wer ihre Streitgespräche auf den Blogs der beiden verfolgt hat, ahnt, dass eine spannende Debatte bevorsteht.
Was nützt ein halbes Auge, fragen Kreationisten gewitzt. Na, offenbar mehr als gar kein Auge, antwortet Richard Dawkins. Die beliebtesten Schöpfungsargumente nimmt sich die Süddeutsche vor.
Menschen nehmen die Evolution selbst in die Hand [6]
Der Futurologe Ian Pearson geht davon aus, dass der Mensch seine Evolution eines Tages selbst in die Hand nehmen wird. Designerbabies führen zu neuen Menschenarten und Roboter werden menschenähnlicher und unsterblich. Alle könnten sich dann durch ein globales Bewusstsein vernetzen. Na, sehen wir mal. Wenn die Futurologen der 1950er recht behalten hätten, würden wir schließlich jetzt schon auf dem Mars leben.
Manche Sterne zu cool für Leben [7]
Planeten um kühle Zwergsterne müssen ohne Leben auskommen. In der Nähe von Sonnen fühlt sich das Leben heimischer. Zumindest wissen wir nun ein bisschen besser, wo wir suchen müssen.
Millionen Mikroben im Meerwasser [8]
Hütet euch, wir sind umzingelt! Der Mikrobiologe Martin Polz über die Evolution von unzähligen, winzigen Meerestierchen und wie sie das ökologische Gleichgewicht bewahren.
Wie Makroevolution funktioniert, erfährt man beim Handelsblatt. Eine knappe Einführung in die Evolutionstheorie.
Hox-Gene ordnen unseren Körper [10]
Die mit der Epigenetik trendy gewordenen Hox-Gene sorgen für die Differenzierung unterschiedlicher Körperteile, bei Mensch und Mücke gleichermaßen. Damit uns die Beine nicht auf dem Kopf wachsen.
Parasit könnte menschliches Verhalten steuern [11]
Der eigentlich als harmlos geltende Parasit Toxoplasma gondii, mit dem jeder dritte Deutsche infiziert ist, könnte einen Einfluss auf unser Verhalten haben. Man kennt das zum Beispiel von Syphilis, das die sexuelle Aktivität infizierter Menschen erhöht, um sich auszubreiten. Männer werden durch Toxoplasma offenbar widerspenstiger gegenüber gesellschaftlichen Regeln, während Frauen folgsamer werden. Beide Geschlechter bekommen verstärkt Schuldgefühle und reagieren langsamer. Besonders die langsame Reaktion könnte dazu geführt haben, dass Menschen eher von Raubtieren gefressen wurden, in deren Magen der Parasit gelangen wollte. Der Forscher Jaruslav Fleger ist überzeugt: „Es gibt mit Sicherheit Parasiten, die das menschliche Verhalten noch sehr viel stärker beeinflussen als Toxoplasma.“ Gruselig, gruselig.
Geniale Raben [12]
Raben sind die größten Singvögel der Welt und sie sind hochintelligent. Man geht davon aus, dass das ein Ergebnis der komplexen Sozialsysteme von Raben ist.
Wozu küssen? [13]
Beim Küssen werden Endorphine ausgeschüttet, die glücklich machen. Es erhöht die Paarbindung und ist aufregend. Ursprünglich diente Küssen allerdings einmal zur Mund-zu-Mund-Fütterung, die wir bei Vögeln noch beobachten können.
Wir stammen nicht von Spongebob ab [14]
So unwahrscheinlich es klingt, aber wir stammen gar nicht von Schwämmen ab. Ein wahrscheinlicherer Kandidat sind die Scheibentiere. Sie haben bereits die Gene für Nervensystem, Augen und Körperachse, ohne sie auszubilden.
Vorurteile haben einen Selektionsvorteil [15]
Allerlei schrecklichen Dingen wird in letzter Zeit ein evolutionärer Selektionsvorteil zugesprochen, nach der Religiosität nun auch den Vorurteilen. Bei letzten ist das allerdings nicht unwahrscheinlich. Vorurteile sparen nämlich Energie, die man bei einer anständigen Beurteilung benötigen würde. In einem Experiment ließen Forscher den selben Artikel in zwei verschiedenen Zeitungen veröffentlichen, in einem Qualitätsblatt und einem Exemplar der Regenbogenpresse. Leser fanden den selben Artikel in der besseren Zeitung erheblich besser. Menschliche Bewerber auf einen Arbeitsplatz haben es zudem leichter, eingestellt zu werden, wenn sie einen Allerweltsnamen haben. Ein ausländischer Name schreckt zum Beispiel ab. Selbst die Attraktivität von Frauen, die allesamt deutsche Namen hatten, meinten Testpersonen schon am Namen ablesen zu können.
Leider lösen Vorurteile zudem noch starke Gefühle aus, oft negative wie Ekel und Angst. Da Gefühle als wahrhaftig gelten, werden sie kaum hinterfragt. Schwer abschütteln lassen sich Vorurteile auch noch. Wenn einem Lehrer, der meint, dass Mädchen nicht rechnen können, ein Gegenbeispiel gezeigt wird, erfindet er einfach eine neue Kategorie wie „Mannsweiber“. In einem Computerspiel mussten Versuchspersonen blitzschnell auf bewaffnete Personen schießen. Schwarze und Weiße wurden dabei zufällig mit Waffen ausgestattet, doch Spieler jeder Ethnie hielten die Schwarzen für häufiger bewaffnet als die Weißen.
Vorurteile sind aber nicht unbedingt schlecht und meist treffen sie sogar zu, wie Steven Pinker in Das unbeschriebene Blatt [16] ausführt. Schließlich basieren sie oft auf Erfahrung, wenn das auch nicht in allen Fällen zutrifft.
Frauen können Männer gut riechen [17]
Und Männer können Frauen schlecht riechen. Frauen beschnuppern den Mann, um seine Genqualität und seine Eignung zur Nachwuchszeugung herauszufinden. Männer haben das nicht nötig, weil ihre Spermien für viele Frauen locker reichen. Darum riechen Frauen besser als Männer.
Bienen sind keine Selbstmordattentäter [18]
Wenn Bienen einen Menschen stechen, dann sterben sie in der Regel, weil sie nicht nur ihren Stachel aus der menschlichen Haut entfernen, sondern auch einen Teil ihres Hinterns. Das liegt allerdings an einem unglücklichen Zufall der Evolution. Wenn feindliche Bienen einander stechen, sterben sie nicht. Ihr Stachel ist einfach für menschliche Haut ungeeignet.
Urzeit-Höhlenbären haben alles gefressen [19]
Der europäische Höhlenbär war ein Pflanzenfresser und der amerikanische Kurznasenbär war ein Fleischfresser. So dachte man bislang. Nun sieht es so aus, dass beide Bären tatsächlich Allesfresser waren. Die Frage ist bedeutend, um herauszufinden, sich die Tiere sich über die Jahrtausende entwickelt haben.
Und Nickel erschuf das Leben [20]
Vor 2,4 Milliarden Jahren stieg der Sauerstoffanteil plötzlich rapide an. Aufgrund der Abkühlung des Erdmantels und somit des Ausbleibens von nickelspuckenden Vulkanausbrüchen ging die Nickelkonzentration in den Ur-Ozeanen zurück, was methanbildenden Bakterien ihre Lebensgrundlage entzog. Der Entstehung des Lebens war Sauerstoff sehr zuträglich.
AM
Links:
[1] http://www.darwin-jahr.de/sites/darwin-jahr.de/files/story/node-247-411.jpg
[2] http://www.wissenschaft-online.de/artikel/988689
[3] http://religionswissenschaft.twoday.net/
[4] http://www.wissenslogs.de/wblogs/blog/libertarian
[5] http://www.sueddeutsche.de/356389/069/2837982/Gestalten-ohne-Gestalter.html
[6] http://www.focus.de/wissen/wissenschaft/odenwalds_universum/odenwalds-universum-veraendert-uns-kuenstliche-intelligenz_aid_386767.html
[7] http://www.weltderphysik.de/de/4245.php?ni=1345
[8] http://derstandard.at/?url=/?id=1237229469773
[9] http://www.handelsblatt.com/technologie/geisteswissenschaften/wie-neue-arten-entstehen;2215480
[10] http://www.faz.net/s/Rub71E8665493FD4CB29D4E0759DF21C32C/Doc~EBE48297317E54FA689958C77920DD1CA~ATpl~Ecommon~Scontent.html
[11] http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/0,1518,611415,00.html
[12] http://diepresse.com/home/science/467537/index.do
[13] http://www.morgenpost.de/printarchiv/biz/article1068326/Hauptsache_es_schmeckt.html
[14] http://diepresse.com/home/science/468033/index.do
[15] http://www.sueddeutsche.de/wissen/737/464338/text/
[16] http://www.science-shop.de/artikel/722590
[17] http://www.menshealth.de/love/kennenlernen/maennerschweiss-laesst-sich-kaum-ueberdecken.120614.htm
[18] http://www.fr-online.de/in_und_ausland/wissen_und_bildung/aktuell/1715501_Irrtuemer-der-Biologie-Bienen-opfern-sich-nicht-auf.html?sid=d730c2c694bb7bff02a94b678d0bcd5d
[19] http://www.wissenschaft-aktuell.de/artikel/Urzeit_Baeren_mehr_Allesfresser_als_waehlerische_Esser1771015585927.html
[20] http://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/0,1518,618283,00.html