Dokumentation | 07.12.2008
Was wir in Richard Dawkins "The Genius of Charles Darwin" über die Evolution erfahren. Teil 1: Leben, Darwin und der ganze Rest.
The Genius of Charles Darwin ist eine Fernsehdokumentation des Evolutionsbiologen Richard Dawkins. Sie wurde im August 2008 erstmals auf dem britischen Channel 4 ausgestrahlt. Wir berichten über den Inhalt der Doku (Teil 1-3) und die Kontroverse, die sie ausgelöst hat (Teil 4).
Der Fakt der Evolution
„Die vielleicht bedeutenste Idee, die ein Mensch jemals hatte“ – so beschreibt Richard Dawkins die Theorie der Evolution durch natürliche Selektion. Und darauf gekommen ist Charles Darwin.
Die Evolution ist ein Fakt und sie wird von unleugbaren Belegen gestützt. Trotzdem glauben vier von zehn Briten (und ähnlich viele Deutsche [2]) an einen Schöpfergott im Sinne von Kreationismus oder Intelligent Design. Dieses Problem führt Dawkins zu der Forderung, der Theorie mehr Zeit in den Klassenzimmern einzuräumen.
Er besucht eine religiöse Privatschule und unterrichtet dort einen Tag lang eine Klasse. Die Kinder meinen, dass sie nicht an die Evolution glauben, weil ihnen ihre Eltern gesagt haben, dass die Bibel wahr ist. Dawkins stellt ihnen einige kritische Fragen, was aber so gut wie keine Wirkung zeigt.
Auf der Suche nach Wahrheit
Doch ist nicht alle Hoffnung verloren, schließlich war Darwin selbst zuerst ein gläubiger Christ und wurde zu einem Ungläubigen, indem er sich die Welt näher angesehen hat. Er entdeckte Fossilien und ihm fiel auf, dass sie modernen Lebewesen ähneln. Darwin erinnerte sich an Charles Lyell, der herausfand, dass sich die Geographie der Erde in kleinen Schritten verändert. Er fragte sich, ob auch das Leben so etwas tun könnte?
Dawkins nimmt die Kinder mit an den Strand, um mit ihnen nach Fossilien zu suchen. Würden sie ihre Meinung ändern?
Darwin gab auf jeden Fall seinen Plan auf, ein leichtes Leben als Landpfarrer zu führen. Aus ihm wurde ein eifriger Forscher. Seine grundlegende Erkenntnis besteht darin, dass sich die Arten in kleinen Schritten über einen langen Zeitraum entwickeln. Sie sind nicht unveränderlich. Alles ist im Fluss.
Wie kam Darwin auf die Evolution?
Um die natürliche Selektion zu erklären, gebrauchte Darwin die Metapher der Hundezüchtung, nur dass in seiner Theorie von der Entwicklung des Lebens die Natur der Züchter ist. So friedlich wie die Hundezüchtung war die Evolution allerdings nie. Wie Dawkins anhand von Nachtaufnahmen in Afrika zeigt, bedeutet „Leben“ für die meisten Tiere Kampf, Leid und Tod.
Neben Charles Lyell beeinflusste auch Thomas Malthus das Denken von Charles Darwin. Er stellte in dem Essay „On the Principle of Population“ 1838 fest, dass es zwischen den Menschen aufgrund zunehmender Populationsdichte zu einem Kampf ums Dasein kommen wird. Diesen „Kampf ums Dasein“ übertrug Darwin auf die Natur – es war also genau umgekehrt, als man es sich zumeist vorstellt.
Was ist Evolution?
Kleine Variationen erhöhen die Überlebenswahrscheinlichkeit und die am besten an die Umwelt angepassten, hilfreichsten Variationen erhöhen die Fitness der Tiere. Die Giraffe mit dem längeren Hals würde also mehr fruchtbare Nachkommen erzeugen. Die geographische Trennung von Angehörigen einer Art erfordert eine Anpassung an die neue Umwelt. Ein Beispiel hierfür sind die Darwin-Finken, die verschiedene Schnäbel gebildet haben – je nach dem Nahrungsangebot der ökologischen Nische, in der sie sich niederließen.
Irgendwann entfernen sich bestimmte Individuen so weit von ihrer ursprünglichen Art, dass sie sich nicht mehr fortpflanzen können. Neue Arten entstehen. Zwischen den Arten herrscht ein Rüstungswettbewerb – ein „Krieg der Natur“, wie Darwin ihn nannte.
Die Evolution des Aids-Virus
Dawkins besucht die Slums von Nairobi. Hier breitet sich der Aids-Virus HIV aus und inzwischen entwickeln die ersten Menschen eine Resistenz gegen den Virus. Würde die natürliche Selektion beim Menschen noch ihre volle Wirkung zeigen, müssten die resistenten Menschen mehr fruchtbare Nachkommen erzeugen („Fitness“), bis wir letztlich immun gegen den Virus wären.
Insofern ist der Aids-Virus und die Resistenz dagegen ein Beispiel für die Richtigkeit der Evolutionstheorie, das wir heute beobachten können. Mit Hilfe der Wissenschaft kann man Virenresistenz zum Glück sehr viel schneller und humaner erreichen, als wenn man das Problem einfach der Natur überlassen würde und Forscher versuchen bereits herauszufinden, wodurch sie hervorgerufen wird, um Gegenmittel herzustellen.
Die Macht der Gene
Der ultimative Beweis für die Richtigkeit der Evolutionstheorie ist die moderne Genetik, von der Darwin noch nichts wusste. Dawkins besucht das Forschungslabor von Craig Venter, der das menschliche Genom und auch das Genom verschiedener Tierarten entschlüsselte. Venter bestätigt, dass die Evolution ein Fakt ist. Auch wenn es überhaupt keine Fossilien gäbe, würden seine Gensequenzen mehr als ausreichen, um die Evolution zu bestätigen.
Was haben wir heute gelernt?
Am Ende kehren wir zurück zu den Schulkindern, die am Strand Fossilien gesucht und auch einige gefunden haben. Ein Junge ist nun von der Evolutionstheorie überzeugt, möchte aber weiterhin seine Gebete sprechen. Ein Mädchen sagt, dass sie näher darüber nachgedacht hat, aber immernoch daran glaubt, was ihr die Bibel sagt. Insgesamt scheint der Ausflug nicht viel gebracht zu haben, doch weist Dawkins darauf hin, dass er nur ein paar Stunden mit den Kindern hatte und er hofft, dass sie nun damit anfangen werden, ihre Augen für die „wunderbare Realität des Lebens zu öffnen und zumindest Fragen über den Glauben zu stellen, mit dem man sie aufgezogen hat“.
Vorschau
In Teil 2, "Der Fünfte Affe", gehen wir nächsten Montag mit Richard Dawkins der Frage nach, was es für uns Menschen bedeutet, ein Produkt der Evolution zu sein.
AM
Links:
[1] http://www.darwin-jahr.de/sites/darwin-jahr.de/files/story/node-104-33.jpg
[2] http://fowid.de/fileadmin/datenarchiv/Evolution_-_Intelligentes_Design_-_Kreationismus_2005_01.pdf
[3] http://video.google.com/videoplay?docid=-4471435322910215458