Interview | 11.03.2010

„Wissenschaft ist ohne Konkurrenz“

Bruce Hood (Foto: Harper Collins)

Ist der Glaube an das Übernatürliche ganz natürlich? Der Psychologe Bruce Hood provoziert Naturalisten mit seiner Hypothese, dass wir von Natur aus abergläubisch wären. In diesem Interview mit dem Evo-Magazin erklärt er, was er meint und warum die Aufklärung noch immer wichtig ist, obwohl sie niemals siegen kann.

Außerdem beantwortet Bruce Hood die Fragen, warum er Homöopathie verteidigt und wie es kam, dass sich Irak und Thailand sündteure Wünschelruten angeschafft haben, um damit Minen aufzuspüren (Bruce Hood spielte bei der Aufdeckung des Skandals in England eine zentrale Rolle).

 

Die Natur des Aberglaubens

Evo-Magazin: Lieber Professor Hood, Sie scheinen mit den „Neuen Atheisten“ einer Meinung zu sein, dass die natürliche Welt alles ist, was existiert. Zugleich sagen Sie, dass wir Religion und den Glauben an das Übernatürliche niemals vollständig loswerden. Wie kommen Sie darauf?

Bruce Hood: Ich denke, dass die Ursachen des Glaubens an das Übernatürliche teilweise mit den natürlichen Denkprozessen des Gehirns zu tun haben, die zum Schluss auf verborgene Mechanismen führen. Die Kultur kann solche Intuitionen entweder in Form von Religion und übernatürlichen Glaubensannahmen unterstützen oder sie kann dabei helfen, ihren Einfluss durch rationales Denken zu verringern, aber die Intuitionen werden noch immer vorhanden sein als ein Teil der Funktionsweise unserer Gehirne.

Evo-Magazin: Also werden Vertreter der Aufklärung akzeptieren müssen, dass Menschen natürliche Neigungen haben, an übernatürliche Dinge zu glauben. Diese Neigungen müssen aus evolutionärer Sicht einen bestimmten Nutzen haben. Wie könnten die Vorteile des Übersinns aussehen?

Bruce Hood: Das menschliche Gehirn ist eine Mustererkennungs- und eine Schlussfolgerungs-Maschine. Es macht Ordnung und Struktur in der Welt ausfindig und erzeugt Erklärungen. Einige dieser Erklärungen fallen in die Gefilde des Übernatürlichen.

 

Selbst die Neuen Atheisten sind abergläubisch

Evo-Magazin: Sie sagen, dass der Glaube an heilige Dinge und Werte wichtig sei für den sozialen Zusammenhalt. Skeptiker hinterfragen jedoch alles, inklusive heiliger Dinge. Bedeutet dies, dass wir schlecht für den sozialen Zusammenhalt sind?

Bruce Hood: Sogar Skeptiker haben ihre heiligen Werte. Richard Dawkins schätzt ein Original aus Darwins Sammlung höher als eine Fälschung.

Evo-Magazin: Der Religionskritiker und Neurowissenschaftler Sam Harris kritisierte Ihre Erklärung der Religiosität mit der Bemerkung: „Wie auch immer die evolutionären Untermauerungen der Religion aussehen mögen, so scheint es unwahrscheinlich, dass es eine genetische Erklärung dafür gibt, warum die Franzosen, Schweden und Japaner nicht dazu neigen, an den Gott Abrahams zu glauben, während Amerikaner, Saudis und Somalier dies tun.“ Was würden Sie darauf antworten?

Bruce Hood: Das ist so eine schwache Kritik, weil er zwischen formalen Religionen und übernatürlichem Glauben allgemein nicht unterscheidet. Das Eine ist eindeutig kulturell (kein Kind wird als Christ oder Muslim geboren), während das Andere ziemlich universell ist (die meisten Individuen glauben an Seelen). Sogar Atheisten glauben an übernatürliche Dinge. Sam Harris hat bereits zugegeben, dass er an paranormale Phänomene glaubt.