Interview | 11.03.2010

„Wissenschaft ist ohne Konkurrenz“

 

Den Placebo-Effekt nicht unterschätzen

SuperSense CoverEvo-Magazin: In einer Diskussion auf Ihrem Blog mit dem [Religionsforscher] Tom Rees und anderen haben Sie die Homöopathie verteidigt. Das könnte Sie in skeptischen Kreisen uncool aussehen lassen. Wie lauten Ihre Gründe, die Homöopathie zu verteidigen?

Bruce Hood: Ich verteidige Homöopathie nicht als einen Glauben – sie ist zweifellos übernatürlich. Aber in einem Gesundheitssystem mit beschränkten Resourcen für Patienten kann ich das ökonomische Argument für eine „Behandlung“ verstehen, die vollständig auf Placebo beruht. Es mag nicht ethisch sein, Patienten inaktive Substanzen zu geben, aber wenn es Ihre letzte Option ist und Sie nicht das Geld oder die Resourcen haben, für umfassende zusätzliche Nachforschungen zu bezahlen, dann überwiegen die Vorteile des Placebos die Kosten für das System als Ganzes. Außerdem verschreiben viele Ärzte unpassende Medikamente wie Antibiotika, die wie Placebos wirken. Aber dies erzeugt ein weiteres Problem der Über-Verschreibung von Antibiotika in der breiten Öffentlichkeit, die zu medikamentenresistenten Bakterien führt. Also unterstütze ich die Option, Placebos zu verschreiben. Mein Argument ist pragmatisch und ökonomisch.

 

Bomben finden mit Wünschelruten

Evo-Magazin: Britische Unternehmen haben Bombendetektoren verkauft, die so gut funktionieren wie Wünschelruten. Trotzdem haben die Regierungen von Thailand und Irak tatsächlich eine ganze Reihe dieser Geräte gekauft. Der Irak hat satte 50 Millionen Britische Pfund [rund 55 Millionen Euro] dafür hingeblättert. Wie konnten die nur auf einen solchen Unsinn hereinfallen?

Bruce Hood: Zum Teil, weil die Ruten zu funktionieren scheinen, wenn man daran geübt ist. Das liegt am „Idiomotor-Effekt“ [Carpenter-Effekt], der die Grundlage des Rutengehens darstellt. Aber ich vermute auch, dass bei der Beschaffung Korruption im Spiel war.

 

Aufklärung ist überlebensnotwendig

Evo-Magazin: Angenommen, eine Reihe feuerspeiender Neo-Atheisten hat inzwischen in den Frustrations-Modus geschaltet: Warum ist Aufklärung immer noch wichtig, wenn man bedenkt, dass der Glaube an das Übernatürliche niemals verschwinden wird, was immer wir auch tun?

Bruce Hood: Die Wissenschaft ist ohne Konkurrenz. Falls wir als Spezies überleben wollen, dann brauchen wir mehr als Beten, Wunschdenken und Glaubensannahmen.

Evo-Magazin: Vielen Dank für Ihre Zeit!

Bruce Hood: Nichts zu danken!

 

Bruce Hood ist der Autor des Buches SuperSense, in dem er erläutert, warum der Mensch eine abergläubische Spezies ist. Das Buch gibt es nur in englischer Sprache. Eine deutsche Zusammenfassung seiner Thesen findet man jedoch hier im Evo-Magazin.

 

Das Interview führte Andreas Müller