Kommentar | 08.07.2009

In der Welt geht es mit rechten Dingen zu!

 

Wir leben nicht mehr in der Rennaissance

Eugene WignerDr. Fink hätte sich diesen gerissenen Verweis auf Wigners Aufsatz allerdings sparen können, weil er in der zweiten Fußnote ein Buch von John Lennox anführt, einem englischen Mathematikprofessor, der ganz offen als christlicher Apologet auftritt. Wie das Leben so spielt, hat Lennox schon an drei öffentlichen Debatten mit Richard Dawkins teilgenommen. In der zweiten und dritten Debatte wird deutlich, wie sich Lennox von liberalen Theologen unterscheidet: Er glaubt im wörtlichen Sinne an die ganze Palette der neutestamentlichen Wunder, von der Verwandlung Wassers in Wein, bis hin zum Laufen auf dem Wasser. Dass dieser Aberglaube mit Wissenschaft nichts zu tun hat, sollte offensichtlich sein. Wer dies bezweifelt, der vergleiche die chemischen Formeln von Wasser (H2O) und Alkohol (C2H6O) und überlege sich, wie man das eine jemals in das andere „verwandeln“ könnte!

Die Überraschung hebt sich Dr. Fink bis zum Schluss auf: „Der wissenschaftliche Fortschritt hängt nicht an einem grundlegenden Naturalismus“, sagt er. Ganz im Sinne der Kreationisten wird also die Notwendigkeit des methodologischen Naturalismus als Grundlage der Wissenschaften in Frage gestellt. Ich lasse den Evolutionsbiologen Jerry Coyne darauf antworten:

„Es gab eine Zeit, als Gott ein Teil der Wissenschaft war. Newton dachte, dass seine physikalische Forschung dabei helfen könnte, Gottes himmlischen Plan zu verdeutlichen. So auch Linnaeus, der schwedische Botaniker, der unser aktuelles Schema für die Organisation der Arten entwickelte. Aber über Jahrhunderte der Forschung haben wir gelernt, dass die Idee ‚Gott hat es gemacht‘ unser Verständnis der Natur niemals auch nur ein Fünkchen verbessert hat. Und das ist der Grund, warum wir sie aufgegeben haben.“

 

„Nur“ eine Religion?

Ed Dellian, der zweite Leserbriefautor, drückt sich um einiges deutlicher aus: „Und er [Harald Lesch] hätte deutlich sagen sollen, dass der philosophische ‚Naturalismus‘ nichts anderes ist als philosophischer Materialismus, gegründet auf das Dogma des ‚methodischen Atheismus‘, welches alle nicht-materiellen Entitäten a priori aus der Naturwissenschaft ausschließt.“

Was ich immer wieder erstaunlich finde, ist der Vorwurf christlicher Apologeten, der Atheismus oder die Wissenschaft seien „auch nur eine Religion“ oder, wie hier, der methodische Atheismus sei ein „Dogma“. Implizit in diesem Argument ist doch die Feststellung, dass etwas falsch ist an Religionen und Dogmen! Wäre das nicht so, dann wäre ja gar nichts Schlimmes daran, wenn Atheismus oder Wissenschaft tatsächlich Religionen wären!

Davon abgesehen ist der „methodische Atheismus“ natürlich keine Religion, sondern die Nullhypothese der Naturwissenschaften, die nur so viel „Metaphysik“ zulässt, wie zum Verständnis des Gesetzesnetzes der Natur ungedingt erforderlich ist. Es handelt sich also um das Gegenteil eines Dogmas, nämlich um ein „ontologisches Sparprogramm“ (auch bekannt als „Ockhams Rasiermesser“).

Doch selbst aus der Perspektive der christlichen Theologie ergibt das Argument keinen Sinn: Der christliche Gott ist ein übernatürlicher Gott, der sich durch seine Übernatürlichkeit selbst aus der Erkenntnisfähigkeit der Naturwissenschaften ausschließt. Sie heißen ja schließlich nicht Übernatürlichkeitswissenschaften! Griffe Gott nun in die natürliche Welt ein, dann könnte die Wissenschaft einen solchen Eingriff allerdings mit ihren Methoden messen und würde dies unzweifelhaft auch tun. Gewiss könnte die Wissenschaft solche Eingriffe übersehen, wenn sie sehr selten und sehr klein wären und keine Auswirkungen hätten, die sich vom gewöhnlichen Naturgeschehen unterscheiden ließen. Aber warum sollte sich Gott mit solchen Kleinigkeiten aufhalten und sich absichtlich dermaßen verstecken? Intelligent Design argumentiert dennoch so, Gott würde in der Welt herumpfuschen und kleine Hinweise auf seine Existenz für uns einbauen, ohne es jedoch belegen zu können.