Kosmologie | 18.08.2010

Stephen Hawking und Gott

 

Keine Randstellung

Das Multiversum macht Gott überflüssigWenn die physikalische Beschreibung des Universums an einer Singularität enden würde, "könnte die Wissenschaft die Aussage machen, dass das Universum einen Anfang gehabt haben muss, sie könnte aber nicht vorhersagen, wie dieser Anfang ausgesehen hätte. Dazu müsste man den lieben Gott herbeibemühen", schreibt Hawking. "In imaginärer Zeit gäbe es keine Singularität, an der die wissenschaftlichen Gesetze ihre Gültigkeit verlören, das Universum hätte keinen Rand, an dem man sich auf Gott berufen müsste. Das Universum würde weder erschaffen noch zerstört. Es wäre einfach da."

Weil die leidige Urknall-Singularität mit dem Keine-Grenzen-Vorschlag von Hawking –­ und ebenso mit dem Quantentunnel-Modell von Alexander Vilenkin –­ vermieden wird, ist die Frage, wie es zum Urknall kam, zu einem Gegenstand der physikalischen Kosmologie geworden. "Das Universum gibt es, weil die Allgemeine Relativitätstheorie und die Quantentheorie seine Existenz ermöglichen und erfordern", sagt Hawking. "Wenn ich Recht habe, ist das Universum in sich selbst gegründet und wird von den Naturgesetzen allein regiert."

In einem Interview im israelischen Fernsehen zu seinem 65. Geburtstag 2007 bekräftigte Hawking diese These: "Ich denke, dass das Universum spontan aus dem Nichts entstand gemäß den Gesetzen der Physik." In gewisser Weise habe es weder Anfang noch Ende. "Die Grundannahme der Wissenschaft ist der wissenschaftliche Determinismus: Die Naturgesetze bestimmen die Entwicklung des Universums, wenn sein Zustand zu einem bestimmten Zeitpunkt gegeben ist. Diese Gesetze können von Gott erlassen worden sein oder nicht, aber er kann nicht eingreifen und die Gesetze brechen, sonst wären es keine Gesetze. Gott bliebe allenfalls die Freiheit, den Anfangszustand des Universums auszuwählen. Aber selbst hier könnten Gesetze herrschen. Dann hätte Gott überhaupt keine Freiheit."

Das gilt analog auch für Alex Vilenkins ex-nihilo-Modell. „Ursprünglich meinte ich sogar, die Theologen könnten das Szenario mögen, denn es geht ja um die Schöpfung aus dem Nichts“, schmunzelt Vilenkin, der nicht an einen Schöpfer glaubt. „Aber ich denke nicht, dass sie das tun, denn der Quantentunnel-Effekt ist entmystifizierend.“