Presseschau | 28.05.2010

Sie lebt, Igor!

 

 

Professor wegen Akzeptanz der Evolution entlassen

Bruce K. Waltke war ein unter Evangelikalen recht einflussreicher Professor für Studien des Alten Testaments beim „Reformed Theological Seminary“. In einem Vortrag hatte er sich für eine Akzeptanz der Evolutionsbiologie ausgesprochen und wurde dafür entlassen. Die BioLogos-Stiftung und die Templeton-Stiftung haben sich gegen seine Entlassung ausgesprochen, weil die beiden Stiftungen die Position vertreten, dass Evolution und Glaube vereinbar wären.

Die umstrittene Aussage aus Waltkes Vortrag lautet: „Falls die Belege die Evolution überwältigend unterstützen und wir diese Realität leugnen, dann macht das aus uns einen Kult... irgendeine fragwürdige Gruppierung, die nicht wirklich mit der Welt interagiert. Und berechtigt, weil wir unsere Fähigkeiten nicht nutzen und auf Gottes Vorsehung vertrauen, die unser Bewusstsein so weit entwickelt hat“.

 

Anspannung und Unsicherheit machen religiös

Der wohl stärkste Faktor für die Entstehung von Religiosität ist die persönliche Unsicherheit. Belege für diese Behauptung hat Tom Rees in dem hier verlinkten Beitrag gesammelt. Es sieht sogar danach aus, dass religiöse Menschen aufgrund ihrer Veranlagung angespannter sind. Immerhin: Beten und motivierende Texte (du schaffst es!) reduzieren die Anspannung. Also sollten Gläubige öfter beten – wenn sie weniger glauben wollen.

 

Kann Evolution die Theologie retten?

Es gibt einen neuen Trend unter Evolutionsbiologen: Die Beantwortung theologischer Fragen. Der aktuelle Versuch stammt von John Avise und wurde als wissenschaftliche Arbeit publiziert im angesehenen Fachmagazin Proceedings of the National Academy of Sciences, was an sich schon absonderlich ist. Man veröffentlicht ja auch keine Arbeiten über Handlesen in einem Physikjournal. Dann wieder gehört die NAS zu den Allversöhnern, für die kritisches Denken und blinder Glaube so ziemlich dasselbe sind.

In dieser Arbeit zeigt Avise auf, wie mangelhaft unsere DNA konstruiert ist. Sie steckt voller schädlicher Mutationen, die Krankheiten auslösen können; Mitochondrien (Zellmotoren) waren ursprünglich Mikroben, die von protoeukaryotischen Zellen (haben u.a. einen Zellkern) in einem symbiotischen Prozess eingeschlossen wurden. In unseren Zellen, die Lebewesen sind, befinden sich also die Überreste von anderen Lebewesen, die von unseren Zellen versklavt wurden. In unseren Zellen gibt es zudem verschiebbare „mobile Elemente“, die Krankheiten auslösen können. Ein großer Teil unserer DNA besteht zu guter Letzt aus sich wiederholenden Genen, die gar nichts tun.

Das sieht beileibe nicht nach intelligentem Design aus, wie Avise bestätigt. Dies hält er nun jedoch für die Lösung der Theodizee, der Frage, warum Gott das Böse zulässt. Wenn wir die Evolution anstelle von Gott als verantwortlichen Faktor für unser schlechtes Design anerkennen, dann gebe es angeblich kein Problem mehr.

Natürlich bringt das aber gar nichts, weil Gott ja immer noch da ist und eine Beschäftigung braucht. Aus theologischer Sicht muss er mindestens die Evolution zu verantworten haben. Und schon ergeben sich die gleichen Probleme wie vorher: Warum stellt er die Evolution nicht so ein, dass wir keine Genkrankheiten bekommen, etc.?