Presseschau | 03.04.2010

Das Imperium der Wissenschaft

 

Homosexuelle schuld an Missbrauchsfällen

Der eifrige Kirchenverteidiger Bill Donohue hat sich eine neue Verteidigung für den massenhaften Kindesmissbrauch in katholischen Einrichtungen einfallen lassen. Er argumentiert, dass die meisten der 200 taubstummen (wie praktisch...) Jungen, die ein Priester in Wisconsin vergewaltigt haben soll, bereits die pupertäre Phase überschritten hätten. Darum sei Homosexualität das Problem und nicht Pädophilie. Natürlich sind Homosexuelle nicht dasselbe wie Vergewaltiger und das eigentliche Problem scheint doch in aufgezwungenem Sex zu bestehen, ob er nun vor der Pupertät oder danach stattfindet. Warum sollte Vergewaltigung ab einem bestimmten Alter plötzlich akzeptabel sein? Wobei die Vergewaltigung von wehrlosen Kindern gewiss doppelt so perfide ist und die Vergewaltigung von taubstummen wehrlosen Kindern dreimal so perfide.

 

US-Bischöfe setzen pädophile Priester wieder ein

Und noch eine Nachricht über die Missbrauchsfälle, die an den anderen Medien vorbeigegangen ist. Falls sich jemand fragt, was die Kirche nach dem Skandal in Deutschland mit pädophilen Priestern machen könnte, muss nur in die USA sehen: Dort setzen Bischöfe diese Priester heimlich wieder ein – sogar in die Jugendarbeit! Anne Barrett Doyle, die für die Organisation BishopAccountability.Org tätig ist, sagte dazu: „Ich glaube, dass sie davon ausgehen, dass die Krise in der öffentlichen Wahrnehmung vorrüber ist. Darum haben sie einige Zuversicht, dass sie nun diese Priester wieder einsetzen können und nur sehr wenige Gegenreaktionen dafür bekommen werden.“ Ewige Verdammnis ist wohl gerade im Trend unter US-Bischöfen.

 

Stiftung des Bösen

Wäre die Templeton-Stiftung einfach nur eine religiöse Interessengruppierung, schön und gut. Aber sie bedient sich zweifelhafter Methoden, um ihr finsteres Ziel zu erreichen. In einem aktuellen Artikel in Science blickt Yudhijit Bhattacharjee auf die Geschichte der Stiftung zurück. Früher unterstützte sie offen christliche Fundamentalisten wie Billy Graham und Intelligent-Design-Advokaten wie William Dembski. Leider ist ihr das ruftechnisch nicht gut bekommen, darum schleimt sie sich nun bei respektableren Wissenschaftlern ein. Molekularbiologe Matthew Gibson, der Geld von Templeton annahm, gab nun zu, dies aus Geldnot getan zu haben: „Damals hätte niemand das gefördert, was wir erforscht haben“. Aber Wissenschaftler dürsten stets nach Forschungsgeldern, nur ist das für die meisten nicht Grund genug, ihre Seele an den Teufel zu verschachern.

Der Philosoph Dan Dennett vergleicht Debatten, die Templeton zwischen religiösen Personen und Wissenschaftlern organisiert, mit Debatten zwischen ID-Advokaten und Evolutionsbiologen: „Sie erzeugen den Eindruck, als wären Wissenschaftler und Theologen akademische Zimmergenossen, was sie nicht sind.“ Der Evolutionsbiologe Jerry Coyne meinte, dass Wissenschaft und Religion nichts zueinander zu sagen hätten, außer: „Es gibt keine Belege für religiöse Lehren“.

 

Die Mysterien des Naturalismus

Der Philosoph Richard Carrier befasst sich in zwei ausführlichen Blogbeiträgen mit der Kritik am Naturalismus, genauer am reduktionistischen Physikalismus, dessen prominentester Fürsprecher er ist. Er argumentiert interessanterweise auch, dass Karma tatsächlich existiert, nämlich in Form von sozialer Gegenseitigkeit und natürlichem Konsequenzialismus. Außerdem zeigt er, wie man ausnahmslos alles auf Physik reduzieren kann: Zahlen, den Geist und potenzielle Gegenstände. Hier geht es zu Teil 2. In seinem empfehlenswerten Buch Sense and Goodness without God nimmt er sich außerdem subjektive Eindrücke wie „Rötlichkeit“ (Qualia) vor und reduziert auch diese auf subatomare Partikel in ihren jeweiligen Anordnungen. Der reduktionistische Physikalismus ist die Minimal-Version des Naturalismus, was bedeutet, dass sie mit der geringsten Anzahl von Ad-Hoc-Annahmen auskommt. Wer meint, wir bräuchten mehr, wie etwa Carriers Kontrahent „The Teapot Atheist“, der sollte dies eindeutig empirisch belegen können. Ansonsten wird er noch Opfer von Occams Rasierklinge.

 

AM