Presseschau | 11.07.2010

Es ist verdammt heiß

 

Wir sind die komischsten Leute der Welt

Nein, nicht wir, das Darwin-Team, obgleich wir auch sehr komisch sind. Die Rede ist von Menschen in westlichen Gesellschaften allgemein. In einer Metastudie haben der Anthropologe Joe Henrich und die Psychologen Steven Heine und Ara Norenzayan die Datenbanken von komparativen Studien der Sozial- und Verhaltenswissenschaften ausgewertet. Was harmlos klingt, beweist tatsächlich, dass viele Verallgemeinerungen von Wissenschaftlern über die angebliche „menschliche Natur“ in den letzten Jahrzehnten falsch gewesen sind. Das Problem: Die meisten Untersuchungen wurden an Individuen in westlichen Gesellschaften vorgenommen und gerade die sind „besonders ungewöhnlich im Vergleich mit der restlichen Spezies“, wie es in der Studie heißt. Wir sind in der Tat so ungewöhnlich, dass die Forscher unsere Gesellschaften auf den Namen „WEIRD“ („seltsam“) getauft haben: Westlich, gebildet, industrialisiert, reich und demokratisch.

„Die Erkenntnisse legen nahe, dass Mitglieder von WEIRD-Gesellschaften, inklusive junger Kinder, unter den am wenigsten repräsentativen Populationen sind, die man finden könnte, um Aussagen über den Menschen zu verallgemeinern. […] Ingesamt weisen diese empirischen Muster darauf hin, dass wir weniger ungezwungen sein sollten, wenn wir Fragen über die menschliche Natur auf Basis dieses äußerst dünnen und eher ungewöhnlichen Teiles der Menschheit machen wollen.“

 

Rezession macht abergläubisch

Es ist nun ein weiterer Beleg für die Theorie aufgetaucht, dass persönliche Anspannung den Aberglauben verstärkt: Nummernschilder aus Hong Kong mit „Unglückszahlen“ verkaufen sich heutzutage schlechter als solche mit „Glückszahlen“. Im Kantonesischen reimt sich die Zahl „acht“ mit dem Wort für „Wohlstand“, darum verkaufen sich Nummernschilder mit einer acht um 63,5% besser als vor der Rezession. „Vier“ klingt wie das Wort für „Tod“, darum verkaufen sich Nummernschilder mit einer „vier“ um 11% schlechter.

 

Leben wir noch im „Neuen Zeitalter“?

New Age ist nach wie vor populär, wie Robert Price in seinem aktuellen Buch Top Secret: The Truth Behind Today’s Pop Mysticisms aufzeigt. Er argumentiert, dass diese Art von Mystizismus uns einen Grund gebe, an uns selbst zu glauben. Zugleich weist er aber darauf hin, dass New Age essenziell eine Mystifikation von Alltagspsychologie, von Sündenbock-Mentalität und von Pseudomedizin ist.

New Age ist kommerziell und sehr individualistisch, wodurch diese Esoterik-Strömung besser zu unserer modernen Gesellschaft passt als die alten Religionen. Interessant ist Prices Vergleich von magischem Denken mit dem Bestellen einer Pizza: „Du willst eine Pizza. Du visualisierst die Pizza. Du wählst die Nummer. Du flüsterst ‚Pepperoni‘ und die Pizza materialisiert sich vor deiner Haustür.“ In der Tat, wir leben in einer scheinbar magischen Zeit. Den Produktionsprozess von Pizzen sehen wir nicht, also kommt es uns fast so vor, als könnten wir sie herbeizaubern. Ein perfekter Nährboden für New Age.