Wissenschaft und Religion | 16.02.2009

Es ist alles wahr

Das menschliche Gehirn (c) bandolino.no

Sind Wissenschaft und Religion miteinander vereinbar? Nein, sagte der Evolutionsbiologe Jerry Coyne und argumentierte für diese Haltung ausführlich bei Edge.org. Daraufhin entbrannte eine Debatte zwischen amerikanischen Intellektuellen um diese Frage. Der „Neue Atheist“ Sam Harris beantwortet sie im folgenden Essay und geht dabei satirisch auf seine Mitdiskutanten ein.

 

Einige Dinge stehen über der Vernunft

Es ist schade, dass Leute wie Jerry Coyne und Daniel Dennett nicht erkennen, wie einfach man Religion und Wissenschaft miteinander vereinbaren kann. Ich verstehe, wie sie ihre fundamentalistische Vernunft geblendet und von tieferen Wahrheiten abgehalten hat. Ich möchte diesen beiden Männern schon lange sagen: „Einige Dinge stehen über der Vernunft. Weit darüber!“ Zum Glück hat George Dyson das für mich in einem genialen Essay auf dieser Website getan. Er zerstört die intellektuellen Anmaßungen von militanten Atheisten wie Coyne und Dennett auf die eleganteste Art und Weise, die man sich nur vorstellen kann: Indem er einfach den Titel einer Arbeit aus dem 17. Jahrhundert des großen Robert Boyle zitiert. Als ich ein militanter Neo-Rationalist war, hatte ich den tiefgehenden Eindruck, dass sich meine Kollegen und ich in Bezug auf das Design-Argument nicht genügend mit Boyle befasst hatten und darum öffentliche Demütigung riskierten. Nun ist es passiert...

 

Die unsterbliche Magie

Bei einer Kleinigkeit bin ich nicht Dysons Meinung, er war bis jetzt nämlich viel zu bescheiden, wenn es darum geht, die Folgen seiner Argumentation offen zu legen. Er hat natürlich recht festzustellen, dass „Wissenschaft und Religion von Dauer sind“. Aber auch die Magie ist von Dauer, George: Afrika ist voll davon. Gibt es eine Auseinandersetzung zwischen der wissenschaftlichen Vernunft und magischen Zaubersprüchen? Gibt es, genauer gesagt, eine Auseinandersetzung zwischen dem Glauben, dass Epilepsie ein Ergebnis ungewöhnlicher Gehirnaktivität ist und dem Glauben, dass es sich dabei um ein Zeichen dämonischer Besessenheit handelt? Dogmatiker wie Coyne und Dennett sind klar dieser Meinung. Sie realisieren im Gegensatz zu Dyson nicht: Je besser man die Neurologie versteht, desto besser versteht – und schätzt – man die Dämonologie. Haben Coyne und Dennett die Arbeiten von erfahrenen Magiern wie Aleister Crowley oder Eliphas Levi gelesen? Darauf würde ich nicht wetten. Fragen Sie sich, wie Geist und Materie in irgendeiner Weise im Konflikt stehen könnten? Antwort: Das können sie nicht. Entschuldigen Sie mich, aber ich finde es peinlich, diese Dinge Leuten erklären zu müssen, die angeblich hoch gebildet sind.