Psychologie | 18.11.2010

Christlicher Glaube aus Sicht der Kognitionswissenschaften

 

Erweckungserlebnisse – ein Beispiel für Gehirnwäsche

Religiöse Architektur manipuliert unsLaut dem Neurologen Robert Burton ist das Gefühl des Wissens (der Sicherheit, des Rechthabens, der Überzeugung) eine primäre Emotion wie Wut, Vergnügen oder Furcht. Es kann durch einen Anfall ausgelöst werden, durch Drogen oder durch direkte elekrische Stimulation des Gehirns. Auch Gehirnwäsche kann dazu gebraucht werden: Wiederholung, Schlafentzug und soziale / emotionale Manipulation.

Erweckungserlebnisse werden durch Gehirnwäsche ausgelöst. Sie können intensiv, hypnotisch und transformativ sein. Die Praktiken des Gottesdienstes, Musik und religiöse Architektur wurden über die Zeit optimiert, um Empfindungen der Transzendenz und Euphorie auszulösen. Soziale Isolation schützt den gemeinschaftlichen Konsens. Die Wiederholung von Ideen (das apostolische Glaubensbekenntnis, „wir bitten dich, erlöse uns“, etc.) verstärkt das Gefühl der Sicherheit. Die Versionen des Christentums, die auf den rechten Glauben wertlegen, haben eingebaute Sicherheitsmechanismen gegen widerstrebende Belege, gegen Zweifel und die Versicherungen anderer Religionen.

Konvertierung beginnt mit sozialem Einfluss. Unser Eindruck der Realität ist bis zu einem gewissen Grad sozial konstruiert. Anfangs werden potenzielle Konvertiten mit Wärme, gutem Willen, nachdenklichen Konversationen und spielerischen Aktivitäten in die Gruppe aufgenommen, stets verbunden mit leichtem Druck entgegen der Gruppenrealität. Bei gemeinsamen Gottesdiensten wird der zu Konvertierende stärker eingesogen mit Hilfe von Gehirnwäsche, wie die Wiederholung von Worten, von Rhythmen, sinnträchtiger Musik und Aussagen, die sich den Barnum-Effekt zunutze machen (Botschaften, die persönlich zu sein scheinen, aber auf beinahe jeden zutreffen, wie Horoskope).

Evangelisten sind sich meist darüber im Unklaren, welche mächtigen psychologischen Werkzeuge sie anwenden, um Konvertiten zu erzeugen. Die Methoden sind über Jahrtausende evolutionär entstanden. Aus Sicht der Evangelisten geben sie das Geheimnis für Heilung und Glück weiter.

Weitere Voreingenommenheiten dienen der religiösen Einbindung. Zum Beispiel die Neigung von Kindern, alles zu glauben, was ihnen ihre Eltern sagen. Unsere Neigung, überall Akteure zu erkennen, ein Produkt unserer Hypersozialität (zum Beispiel Gesichter in den Wolken). Daraus folgt auch unsere Übertragung von menschlichen Eigenschaften auf Tiere und Gegenstände, oder eben auf Götter. Religionen nutzen hypnotische Gruppenprozesse und halluzinatorische Transzendenzerfahrungen.

 

Nächstes Mal geht es weiter mit den psychologischen Gründen für den Glauben. Danach widmen wir uns den Grundlagen der Moral.

 

Literatur:

Verschiedene Autoren: The Christian Delusion

Tarico, Valerie: The Dark Side. How evangelical teachings corrupt love and truth

Tarico Valerie: Trusting Doubt. A former Evangelical looks at old beliefs in a new light

 

AM