Presseschau | 30.01.2010

Altruisten, Avatar und Hitlers Anzug

 

Blutzucker beeinflusst Entscheidungen

Ein hoher Blutzucker begünstigt unsere Fähigkeiten zur Geduld und Vorausplanung: Testpersonen mit einem relativ hohen Blutzuckerspiegel entschieden sich für den längerfristigen, größeren Gewinn, während solche mit geringerem Blutzucker den schnellen Gewinn wählten. Dies hängt wahrscheinlich mit unserem Energiehaushalt zusammen. Bei niedriger Energie sind wir auf schnellen Ausgleich aus.

 

Würden Sie Hitlers Anzug anziehen?

Ich habe meine Blogleser mal wieder als Versuchskaninchen für ein psychologisches Experiment missbraucht. Diesmal sollten sie die Frage beantworten, ob sie einen sauberen und gepflegten Anzug von Adolf Hitler – für andere nicht als solcher zu erkennen – bei einem Gespräch mit der Bundeskanzlerin tragen würden.

Es handelt sich um einen Test, mit dem magisches Denken festgestellt wird. Gibt es eine böse Substanz oder Eigenschaft, die von Adolf Hitler auf seinen Anzug übertragen wird? Wenn nicht, gibt es keinen rationalen Grund, den Anzug prinzipiell nicht zu tragen. Es handelt sich lediglich um Stoff. Ob er sich einmal an dem Körper eines Tyrannen befunden hat oder nicht, ändert gar nichts an der Beschaffenheit des Stoffes. Aber sehen wir uns die Problematik näher an:

Die Idee für das Experiment stammt ursprünglich von Paul Rozin von der Universität von Pennsylvania. Er fand heraus, dass es mindestens vier Gründe gibt, warum wir keine „bösen“ Gegenstände berühren möchten:

  1. Wir möchten nicht bei einer Tätigkeit ertappt werden, welche die Mehrheit vermeiden würde.

  2. Jeder Gegenstand, der mit einem Mörder assoziiert wird, ist negativ, also werden Assoziationen mit dem Tötungsakt erzeugt, wenn wir es tragen.

  3. Wir glauben, dass die Kleidung physisch kontaminiert ist.

  4. Wir glauben, dass die Kleidung spirituell (durch Geisterhaftes) kontaminiert ist.

Im Falle von Hitlers Anzug gibt es ein paar Probleme für alle, die meinen, ihn aus guten Gründen nicht tragen zu wollen: Man kann ihn äußerlich nicht Hitler zuordnen und es gibt keine direkte Verbindung zwischen dem Anzug und Hitlers Verbrechen. Der Anzug war schließlich keine Tatwaffe. Eine physische oder spirituelle Kontamination ist aus wissenschaftlicher Sicht Humbug, also entfallen die Punkte 2-4. Da obendrein in der Fragestellung festgelegt ist, dass man bei dieser Tätigkeit nicht ertappt werden kann, entfällt auch Punkt 1. Ergo gibt es keinen rationalen Grund, das Tragen von Hitlers Anzug zu einem Treffen mit der Kanzlerin abzulehnen (einige Kommentatoren bemerkten, dass sie es darum nicht tun würden, weil sie Angela Merkel nicht treffen möchten). Stellt sich nur noch die Frage, welchen positiven Grund man haben sollte, diesen Anzug auch wirklich zu tragen. Ich habe also meinen Lesern 1000 Euro angeboten, wenn sie Hitlers Anzug tragen, aber viele meinten, dies wäre recht wenig.

Obwohl die Leser meines Skeptiker-Blogs diese Frage sehr viel häufiger rational beantworteten als der Bevölkerungsdurchschnitt, so ruht doch die Neigung zum Aberglauben auch in Skeptikern. Allerdings schreibt der Psychologe Bruce Hood in seinem Buch „SuperSense“, dass Aberglauben auch Vorteile haben könne, zum Beispiel hat Geld eigentlich nicht den Wert, dem wir ihm beimessen. Trotzdem wäre es katastrophal, wenn wir plötzlich nicht mehr an den Wert von Geld glauben würden.