Interview | 29.09.2010

Allahs Schöpfung

 

Seite aus Harun Yahyas Schöpfungsatlas

 

Evo-Magazin: Welchen Einfluss haben islamische Kreationisten im Westen?

Armin Geus: Der eben genannte Harun Yahya, als Adnan Oktar in Ankara 1956 geboren, gehört sicher zu den einflussreichsten Propagandisten des islamischen Kreationismus. Er verfasste historische Beiträge über Glanz und Größe des Osmanischen Reiches, schrieb Kinderbücher und verkündete das Erscheinen des Mahdi sowie den Tag des Gerichts. Nach den Anschlägen vom 11. September 2001 veröffentlichte er ein Pamphlet, in dem er dreist behauptet, Katastrophen wie diese seien eine notwendige Folge des darwinistischen Kampfes ums Dasein und hätten nichts mit dem Islam zu tun. Ohne Darwin gäbe es keine Konflikte, schrieb er, und wer sich unter Berufung auf eine der drei monotheistischen Religionen an Terrorakten beteiligt, sei weder Muslim, Christ oder Jude, sondern Sozialdarwinist.

Den vorläufigen Höhepunkt seiner Publikationstätigkeit erreichte er mit dem 2007 erschienenen "Atlas der Schöpfung", ein über sechs Kilogramm schwerer, aufwendig ausgestatteter und reichhaltig bebildeter Foliant, den die eigens zu diesem Zweck gegründete Science Research Foundation (SRF) finanzierte. Der Band wurde kostenlos an einschlägige Forschungseinrichtungen, Universitätsbibliotheken und Museen verschickt. Inzwischen ist er in sechzehn Sprachen übersetzt. In der Bundesrepublik werden die Bücher Harun Yahyas von der Islamischen Gemeinschaft Milli Görüs (IGMG) in Köln vertrieben.

 

Evo-Magazin: Konnten islamische Kreationisten Erfolge gegen die Unterrichtung der Evolution verbuchen, wie es den christlichen Kreationisten in den USA gelungen ist?

Armin Geus: Islamische Kreationisten haben keine Widerstände zu überwinden; sie moderieren nur, was die Wächter des Glaubens erwarten.

 

Evo-Magazin: Wie viele islamische Kreationisten gibt es eigentlich? Und lässt sich die bewusste und organisierte Ablehnung der Evolution in den USA angesichts des geringeren Bildungsniveaus in der islamischen Welt mit dem islamischen Kreationismus vergleichen?

Armin Geus: Eigentlich ist jeder gläubige Muslim auch Kreationist, ob er sich dessen bewusst ist oder nicht. Im Arabischen gibt es bezeichnenderweise kein Wort für Wissenschaft. "Ilm" bedeutet soviel wie "Wissen", und wer Wissen hat, ist ein "Alim", im Plural "Ulema". So heißen aber auch die Korangelehrten, sie sind diejenigen, die das Wissen dem Koran entnehmen.